Agentur
Rémy Crégut
Auftraggeber
Montreux-Vevey Tourisme & Convention Bureau
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Rémy Crégut: Ein Leben für die Eventbranche wird mit dem XAVER-Award gekrönt
Der Lifetime Achievement XAVER-Award der Swiss LiveCom Association EXPO EVENT wandert in diesem Jahr in die Romandie und geht an Rémy Crégut. Der 64-jährige hat Stationen auf der ganzen Welt in seinem Lebenslauf: von der internationalen Hotellerie über Disneyland Paris bis hin zum berühmten Grimaldi Forum in Monaco. Zuletzt leitete Crégut die Geschicke des Montreux Music & Convention Center 2m2c und war dadurch massgeblich an der Durchführung von Anlässen wie dem Montreux Jazz Festival, Montreux Comedy Festival und weiteren bedeutenden Events beteiligt. Wir haben den Gewinner besucht.
Wo liegt das kulturelle Epizentrum der Schweiz? Ist es das Zürcher Opernhaus? Die Berner Reitschule? Vielleicht ist es auch einfach jeweils der Ort, an dem die Arena des Eidgenössischen Schwingfests steht oder wo der Absatz von Edelweiss-Hemden am höchsten ist. Je mehr Personen man fragt, desto diverser werden die Antworten. Irgendwann taucht aber immer diese eine Stadt am Genfersee auf, Montreux. Hier spiele das Leben, in diesem Ort der Künstler und Träumer. Sie bringe Stars hervor wie Los Angeles, aber mit mehr Stil und weniger Abgefucktheit. Sie sei von Bergen umgeben wie Gstaad, aber mit mehr Echtheit und weniger Selbstinszenierung. Eine Stadt, die man lieben müsse, die weder Verwaltungs- noch Industrie- oder Universitätsstadt ist und deshalb Narrenfreiheit geniesse.
Hier wirkt Rémy Crégut. Der 64-Jährige leitete während den vergangenen 19 Jahren das Montreux Music & Convention Center 2m2c, vorher war er rund um den Globus unterwegs. Für sein Schaffen in der LiveCom-Branche wird Crégut heuer mit dem Lifetime Achievement XAVER-Award ausgezeichnet. Grund genug, den gebürtigen Franzosen vorzustellen.
Ein Leben in Bewegung
Wir befinden uns in Montreux. Zumindest auf Montreuxer Boden, der Treffpunkt liegt auf 1150 Metern über Meer, hoch über der Stadt. Man kann den Genfersee überblicken, wäre die Bananenform nicht fast bis ans andere Ende zur namensgebenden Stadt. Rémy Crégut schreitet staatsmännisch über den gepflasterten Parkplatz, elegant im Anzug gekleidet. Wären die sportlichen Schuhe nicht, könnte der erste Blick meinen lassen, er sitze im Verwaltungsrat einer Bank. Wie trügerisch diese ersten Blicke sein können, zeigt sich, sobald Crégut zu lachen beginnt. Das passiert meist beim Erzählen seiner Geschichten. Davon hat er viele. Es ist ein ansteckendes Lachen, das bis hoch in die Wangen reicht und diesem überlegten und führungsstark wirkenden Mann ein wenig schelmisch-unbekümmerte Jugendlichkeit gibt.
Crégut wuchs in Nîmes im Süden Frankreichs als zweiter Sohn eines Bauunternehmers und einer Anwältin und Doktorin der Kunstgeschichte auf. «Wenn ich an meine Kindheit denke, kommen mir die Begriffe Glück und Unbeschwertheit in den Sinn», beschriebt Crégut seine jungen Jahre. «Familie spielte in meinem Leben immer eine zentrale Rolle, ich nenne sie auch heute noch meine ‘Tribu’.» Das ist mitunter auch der Grund, wieso Crégut die Anfänge seiner Karriere im Bauunternehmen seines Vaters machte. Dort stellte er Teerbeläge für Auto- und Flugzeuglandebahnen her. «Diese erste Stelle war auch der Grund für mein Studium der Mathematik und Naturwissenschaften sowie eine Ausbildung zum Bauleiter — mein Ziel war es, das Familienunternehmen in dritter Generation zu übernehmen.» Daraus wurde — heute kann man sagen glücklicherweise — nichts, das Unternehmen wurde verkauft und Crégut in die weite Welt geschickt. Für viele Menschen eine beängstigende Vorstellung, er aber war in seinem Element. Allrounder im Hotel seiner Tante, Militärdienst in der französischen Luftwaffe, Organisation von politischen Wahlkampagnen, Entwicklung von Hundefutter oder als Teamleiter von einem Industriereinigungsbetrieb praktisch auf alle Schiffe der US Navy einen Fuss setzen — Créguts Karriere brachte ihn in die unterschiedlichsten Branchen und um die ganze Welt. Ein Lebenslauf, so abwechslungsreich, dass Highlights wie die Teilnahme am Paris-Dakar-Rennen 1982 gar nicht erst hinausstechen.
Von Mickey Mouse bis Casablanca
Gefestigter wurde Crégut Mitte der 80er-Jahre mit einem Wechsel in die «Welt der Gastfreundschaft und des Eventmanagements», wie er sie nennt, die er seither nicht mehr verlassen hat. Fünf Jahre Marketing- und Verkaufsleiter bei Accor in Paris, anschliessend ein zweijähriger Abstecher nach Marokko bei der Hyatt-Gruppe und dann die Rückkehr nach Paris für die Eröffnung der Hyatt-Niederlassung am Flughafen Charles de Gaulle. «Ich erlangte in dieser Zeit ein umfangreiches Wissen in einer internationalen Dimension und arbeitete mit bewundernswerten Managern zusammen — mit einigen stehe ich auch heute noch in Kontakt.» Den Abschluss der Karriere in der Hotellerie machte Crégut im legendären Intercontinental Paris Le Grand — eines der ältesten und etabliertesten Luxushotels in Europa.
«Was im Anschluss passierte, könnte man als Bubentraum bezeichnen», kündigt Crégut seine nächste Station an: Disneyland Paris. «Hier entdeckte ich die Welt der Freizeitparks, organisierte Veranstaltungen von einfach bis einfach nur verrückt — und das tagtäglich.» Hier prägte sich Crégut ein Credo ein, das ihn auch heute noch auf seinem Lebensweg begleitet: Entweder man macht Dinge richtig, gross und mit den notwendigen Mitteln, oder man macht sie gar nicht. Diese Denkart fand er auch bei der späteren Zusammenarbeit mit Schweiz Tourismus für die Vermarktung von Montreux wieder. Zur Jahrtausendwende eröffnete Crégut — wenn man ihm zuhört, könnte man meinen, einfach so nebenbei — das Grimaldi Forum in Monaco und war für LSO International, einem Eventorganisator mit Standorten in ganz Frankreich, als Executive Vice President tätig. «Meine Karriere wurde durch die Menschen geprägt, mit denen ich zusammengearbeitet habe. Vorgesetzte, Mitarbeitende, Kunden, sie alle ermöglichten es mir, mich weiterzuentwickeln.»
Prägende Jahre in Montreux
An keinem dieser Orte war Crégut aber mehr als fünf Jahre beschäftigt, bis dann im November 2005 Montreux ins Spiel kam. Knapp 19 Jahre hielt er die Zügel des Montreux Music & Convention Center in der Hand. Auf die Frage, ob er denn sesshaft geworden sei, antwortet er augenzwinkernd: «Nach 23 Umzügen um den ganzen Globus wollte ich mich einfach an einem idyllischen Ort niederlassen und den schönsten Job der Welt haben.» Und diesen schönsten Job der Welt hatte er effektiv: Mit Kulturlegenden wie Montreux-Jazz-Gründer Claude Nobs, Grégoire Furrer, dem Gründer des Montreux Comedy Festivals oder Mischa Damev, dem Direktor des Septembre Musicals, entdeckte er hier die Welt der Festivals. «Wenn man jedes Jahr das Montreux Jazz Festival, das Montreux Comedy Festival, das Septembre Musical, das Montreux Sundance Festival, die Polymanga, die Tattoo Convention und das Festival of Media organisiert, hat man keine Zeit, sich zu langweilen. Das mag ich.» Créguts Freude an Montreux liegt aber nicht nur an den Events der kulturellen Sorte. Auch Veranstaltungen wie die Weltmeisterschaft im Tischtennis für Menschen mit einer Behinderung, der europäische Satellitenkongress, die Auslosung der UEFA EURO 2008, der Gipfel der Frankophonie, die Syrien-Friedenskonferenzen, die Europameisterschaft im Fechten, das Swiss Economic Forum, der World Hydro Congress und viele andere haben seine Neugier und Freude an Montreux über all die Jahre genährt.
Dass da viele unvergessliche Erinnerungen zusammenkommen, ist klar: «Ich hatte das Privileg, so viele unglaubliche Persönlichkeiten zu treffen und so viele Konzerte zu erleben, wie Prince und Leonard Cohen.» Überrascht habe ihn auch die Organisation des Gipfels für Frankophonie, der Humor von Frankreichs Ex-Präsident François Hollande und Quincy Jones’ Freundlichkeit. Die erinnerungswürdigste Anekdote war aber sein erstes offizielles Abendessen in Montreux mit Claude Nobs. Er verbrachte den ganzen Abend damit, ihm seine Geschichte und die des Montreux Jazz Fesivals zu erzählen — von da an war Créguts Faszination nicht mehr zu bremsen.
Aufbau der Marke Montreux
Crégut selbst hat einen grossen Teil zum Aufbau der Marke Montreux beigetragen, auch wenn er selbst das bodenständiger ausdrücken würde. «Montreux war bereits weltweit bekannt, als ich hier ankam – an dieser Stelle möchte ich den Chefs unserer drei Hauptfesitvals Claude Nobs, Mathieu Jaton, Grégoire Furrer und Misha Damev meinen Dank aussprechen. Sie sind seit Jahren die grössten Botschafter für unsere Stadt.» Seine bisherigen Erfahrungen haben ihm aber geholfen, eine leistungsfähige Organisation aufzubauen, die stärker auf die Kunden und ihre Veranstaltungen ausgerichtet ist. Dazu trug auch Créguts Netzwerk bei, das er sich in den vergangenen Jahren aufgebaut hat, wie etwa die internationalen Berufsorganisationen, bei denen er sich engagierte: «Das war ein bedeutender Erfolgsfaktor – wir haben sie fast alle nach Montreux eingeladen, um ihre Veranstaltungen hier bei uns abzuhalten. Dadurch haben wir die Marke Montreux und 2m2c weiter gefestigt.» Gleiches gilt für die regionalen Akteure wie Handelskammern oder Marketingverbände, in denen sich Crégut eine beeindruckende B2B-Community aufgebaut hat. Die viele Zeit, die er mit der Bewerbung seiner Wahlheimat verbrachte, brachte ihm im Laufe der Zeit sogar den inoffiziellen Titel «Mr. Montreux» ein – wobei er sich selbst lieber scherzhaft als Hausmeister des 2m2c vorstellte.
Crégut ist aber nicht ein Networker um des Umsatzes willen – er ist ein Mann, der Menschen mag. Das zeigt ein kürzlich auf dem LinkedIn-Profil seines Sohnes veröffentlichter Post. Hier beschreibt er eingängig, wie sein Vater dem Künstler auf der Bühne mit der gleichen Aufmerksamkeit begegnet wie der Reinigungskraft in den Toiletten. Wie er die 18 000 Quadratmeter des 2m2c durchquerte, um eine Person einer anderen vorzustellen, weil daraus vielleicht eine schöne Geschichte entstehen könnte. Oder wie er einem Kommunikationsstudenten die gleiche Neugierde entgegenbringt wie einem spazierenden Rentner. Nur mit Zusammenarbeit kann man Erfolg haben, und dafür muss man Menschen mögen, fasst Crégut zusammen: «Ich bin ein starker Verfechter des Gemeinschaftsgedanken, um eine Marke oder ein Produkt zu beleben und weiterzuentwickeln. Ohne Gemeinschaft geht es nicht, viele Unternehmen sind aber noch nicht auf diesen Zug aufgesprungen.»
Ein Mann auf der Durchreise
Der Lifetime Achievement XAVER-Award ist nicht Créguts erste Auszeichnung. Erst kürzlich wurde er von Eventex zu einer der 100 einflussreichsten Personen der weltweiten Eventbranche gekürt. Dennoch wollen wir wissen, wie er sich denn angesichts der Auszeichnung für sein Lebenswerk fühlt. «Geehrt und dankbar, das ist klar. Sie hat für mich als Franzosen, der Schweizer geworden ist und in seiner neuen Heimat Anerkennung gefunden hat, eine ganz besondere Bedeutung.»
Crégut hat die Zügel des Montreux Music & Convention Center im Sommer 2024 aus der Hand gegeben — das Ende einer Karriere also, ohne weitere Awards? «Ob ich weitere Auszeichnungen erhalten werde, weiss ich nicht, aber keine wird so viel Bedeutung haben wie die, die ich von meinen Kollegen in der Schweiz erhalten habe.» Sympathisch. Zum Schluss des Gesprächs kommt natürlich noch die obligate Frage, welches Erbe Crégut denn der Nachwelt hinterlassen will? «Ganz ehrlich, ob man sich in 50 Jahren an den Gründer von MPI Frankreich-Schweiz, den Schöpfer der Marken Disneyland Paris Business Solutions und Montreux Music & Convention Centre erinnern wird, bezweifle ich stark. Letztendlich sind wir nur auf der Durchreise und der einzige bleibende Eindruck, den wir hinterlassen, ist Freundschaft.» Bodenständig, reflektiert und wahrscheinlich auch wahr. Ganz nach den Worten von Jean d'Ormesson: «Es gibt etwas Stärkeres als den Tod: die Präsenz der Abwesenden im Gedächtnis der Lebenden.»